Beckenbodenprobleme und Sexualität

Beschwerden des Beckenbodens können die Sexualität beeinträchtigen. Um zu verstehen, wie diese sexuellen Beschwerden entstehen, bedarf es einer Erklärung.

Der folgende Text wurde in Zusammenarbeit mit Beckenphysiotherapeuten geschrieben. Der/die Beckenphysiotherapeut*in ist eine wichtige Unterstützung bei der Lösung von Beckenbodenproblemen.

Der Bundesverband der Physiotherapeut*innen Österreichs bietet auf seiner Website ebenfalls Informationen und Kontakte zu spezialisierten Pysiotherapeut*innen :

https://www.physioaustria.at/physiotherapie-fuer-den-beckenboden-0

Beschwerden des Beckenbodens

Der Beckenboden besteht aus Muskeln, Bindegewebsstrukturen (Faszien) und Nerven.Der Beckenboden hängt wie eine Art „Hängematte“ zwischen Scham- und Steißbein und den beiden Sitzbeinhöckern. An der Unterseite des Beckens, auf dem Beckenboden, liegen selbst die Beckenorgane: die Blase, die Prostata bzw. die Gebärmutter und der Mastdarm. Männer haben 2 Öffnungen im Beckenboden, durch die die Harnröhre und der Analkanal verlaufen, Frauen haben 3 Öffnungen, die durch die Harnröhre in die Vagina und den Analkanal gelangen. 

 

Die Beckenbodenmuskulatur unterstützt die Beckenorgane.

Ein gutes Zusammenspiel von Entspannung und Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur ist wichtig für

  • die Kontinenz,
  • den Urin- und Stuhlgang,
  • während Schwangerschaft und Geburt,
  • aber auch für die sexuelle Funktion.

 

Beckenbodenbeschwerden können mit der Beckenbodenmuskulatur, den Beckenorganen und dem unteren Rücken oder einer Kombination davon zusammenhängen.

Zu den Beschwerden an den Beckenorganen können gehören:

• Blase: Urinverlust, häufiges Wasserlassen, schwacher Strahl, heftiger Harndrang mit oder ohne Urinverlust, häufiges Wasserlassen in der Nacht, Entleerungsschwierigkeiten, häufige Blasenentzündungen, Schmerzen.

• Darm: Stuhlverlust, Verstopfung, Hämorrhoiden, Analfissur (Fissur), Anuskrämpfe, häufiger Stuhlgang, heftiger Drang mit oder ohne Stuhlverlust

• Gebärmutter: Prolaps (der Blase und/oder des Darms und/oder der Gebärmutter), Beckenschmerzen bei Schwangerschaft, Endometriose, Beschwerden nach der Geburt


• Prostata: Prostatitis, Schmerzen, eine vergrößerte Prostata in Kombination mit Beschwerden beim Wasserlassen.

• Sexuelle Beschwerden: Schmerzen während oder nach dem Orgasmus, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, (Nach-)Schmerzen im Hodensack (Skrotum).


• Beschwerden im unteren Rückenbereich: (chronische) Schmerzen im unteren Rückenbereich, Schmerzen im Beckenbereich (auch in der Schwangerschaft), Ischias, Hernie.


Auch Operationen im Beckenbereich können verschiedene Beckenbodenbeschwerden verursachen.

Beckenbodenbeschwerden können negative Gefühle und Gedanken auslösen, wie
z. B. Unsicherheit, Scham oder Angst vor z. B. unfreiwilligem Urinverlust. Dies kann zu Versagensängsten und Schuldgefühlen gegenüber dem Partner führen.

Negative Gefühle können sich wiederum auf die Muskeln in Ihrem Körper auswirken, auch auf die Beckenbodenmuskulatur. Dies fügt sich in das bio-psycho-soziale Modell ein, wonach sich eine Beckenbodenbeschwerde auf die Psyche und damit auf das Umfeld auswirkt.

 

Funktion der Beckenbodenmuskulatur

Die Beckenbodenmuskulatur funktioniert eigentlich wie andere Muskeln im Körper und kann daher stark, schwach oder angespannt sein, sich aber auch steif anfühlen oder z. B. Krämpfe verursachen.


Die Anspannung oder Entspannung des Beckenbodenmuskels ist von außen nicht sichtbar. Viele Menschen sind sich daher ihrer Beckenbodenmuskulatur nicht sehr bewusst. Manche Menschen können die Beckenbodenmuskulatur nicht bewusst anspannen oder entspannen oder nutzen dafür Bauch- und Gesäßmuskeln.
Die Beckenbodenmuskulatur ist etwas Besonderes, denn sie ist der einzige „bewusst anspannende Muskel“, der mit Organen interagiert.
Die Beckenbodenmuskulatur dient unter anderem dazu, Urin und Stuhl zurückzuhalten, um kontinent zu sein; dies geschieht meist unbewusst.


Ein gutes Zusammenspiel von entspannten und angespannten Beckenbodenmuskeln ist wichtig
• bei Erregungsgefühlen und Orgasmus
• bei Erektionen
• während des Geschlechtsverkehrs
• nach einem Orgasmus

Veränderung der Beckenbodenmuskelfunktion

Bei Beckenbodenbeschwerden ist nicht immer klar, wie die Beckenbodenmuskeln reagieren, ob die Muskeln schwach oder zu stark angespannt sind.

Bei Urinverlust oder Erektionsstörungen zum Beispiel kann der Beckenbodenmuskel schwach, aber auch (zu) angespannt sein.

Ein schwacher Beckenbodenmuskel kann genauso trainiert werden wie andere Muskeln im Körper.
Mit zunehmendem Alter werden die Muskeln schwächer. Sowohl Männer als auch Frauen können deshalb im Alter unter Stuhlverlust leiden.

Auch nach einer Geburt kann eine Muskelschwäche durch eine (vorübergehende) Schädigung der Beckenbodenmuskulatur auftreten.
Ein angespannter Beckenbodenmuskel kann durch Entspannungs-/Atmungsübungen und/oder Dehnungsübungen der Muskeln rund um das Becken entspannt werden. Sie können auch die Beckenbodenmuskeln selbst dehnen (ein Beckenphysiotherapeut kann Sie darin unterrichten).

Es kann viele Situationen geben, in denen die Beckenbodenmuskeln (zu) stark angespannt werden. Z. B. wenn Sie häufig und/oder lange Urin oder Stuhl zurückhalten, sehr oft urinieren, beim Stuhlgang oft pressen müssen, Angst vor Urinverlust haben, der Geschlechtsverkehr schmerzhaft ist.
Schmerzen im Bereich des Beckens, des unteren Rückens, des Bauches oder des Gesäßes können ebenfalls zu einer Verspannung der Beckenbodenmuskulatur führen.

Verspannte Beckenbodenmuskeln können auch häufiges Wasserlassen, Schwierigkeiten beim Urinieren und/oder beim Stuhlgang verursachen. Verspannte Beckenbodenmuskeln können auch Schmerzen in den Hoden, der Eichel oder der Vagina verursachen. So entsteht ein Teufelskreis. Schmerzen im Bereich des Beckens, des unteren Rückens, des Bauches oder des Gesäßes können ebenfalls zu einer Verspannung der Beckenbodenmuskulatur führen.

Verspannte Beckenbodenmuskeln können auch häufiges Wasserlassen, Schwierigkeiten beim Urinieren und/oder beim Stuhlgang verursachen. Verspannte Beckenbodenmuskeln können auch Schmerzen in den Hoden, der Eichel oder der Vagina verursachen. So entsteht ein Teufelskreis.
Das Becken, der untere Rücken, der Bauch, die Hüften, die Bänder, der Beckenboden und die Beckenorgane beeinflussen sich wechselseitig. Eine Beschwerde im Becken/im unteren Rücken kann zu einer Beschwerde im Beckenboden führen und umgekehrt.

Zusammenhang zwischen Beckenbodensymptomen, Beckenbodenmuskelfunktion und Sexualität

Beim Sex ist die Beckenbodenmuskulatur aktiv. Die Muskeln sorgen für die Durchblutung, können sich während der Erregung bewusst und unbewusst anspannen und entspannen und während des Orgasmus (unwillkürliche) anspannen.
Wenn die Beckenbodenmuskeln während der Sexualität nicht richtig funktionieren, kann dies zu Symptomen führen.

Eine schwache Beckenbodenmuskulatur kann zu einem geringeren Empfinden beim Geschlechtsverkehr, zu Schwierigkeiten beim Erreichen des Orgasmus oder zu einem weniger intensiven Orgasmus beitragen. Bei Männern kann dies zu schwächeren Erektionen und/oder einer weniger lang anhaltenden Erektion führen.

Ein angespannter Beckenbodenmuskel kann während und/oder nach sexuellen Aktivitäten Schmerzen im Beckenboden, den Hoden, der Eichel, der Vagina (beim Geschlechtsverkehr), dem Becken, der Leiste und dem Unterbauch verursachen. Er kann auch zu einer schlechteren Erektion beitragen.

Die Schmerzen, die nach dem Verkehr (manchmal erst Stunden später) auftreten, sind oft schwer zu lokalisieren und können im Laufe der Zeit unterschiedlich stark sein.
Ein Prolaps verursacht in der Regel keine Schmerzsymptome, sondern ein unangenehmes Ball- und/oder Druckgefühl beim Stehen und Gehen. Außerdem ist ein Prolaps beim Geschlechtsverkehr nicht „hinderlich“ und kann nicht beschädigt werden.
Harnabgang beim Sex/Liebesakt, der bei Männern und Frauen sowohl beim Geschlechtsverkehr als auch bei der Ejakulation auftreten kann, wird als sehr lästig empfunden. Das Pinkeln vor dem Geschlechtsverkehr kann helfen, den Verlust zu verringern.

Schmerzen und Beckenbodenbeschwerden

Nachfolgend finden Sie eine Beschreibung, wie Sie in einen Teufelskreis geraten können. Schmerzen verursachen Muskelverspannungen und die Muskelverspannungen verursachen weitere Schmerzen. Ein wichtiger Teil davon ist auch die Angst vor Schmerzen. Um dies richtig zu behandeln, ist oft eine kombinierte Behandlung durch einen Sexologen und einen Beckenphysiotherapeuten erforderlich.

Es ist auch gut zu erwähnen, dass diese Art von Beschwerden manchmal auch als Folge eines früheren sexuellen Missbrauchs auftreten. Daher ist es wichtig, das Thema negative sexuelle Erfahrungen zu besprechen. Neben einer sexologischen Therapie ist dann oft auch eine Traumatherapie notwendig, um den Teufelskreis des Schmerzes zu durchbrechen.

Übungen für die Beckenbodenmuskulatur

Beckenbodenmuskelübungen sind nicht für jeden „leicht“ zu machen. Außerdem weiß man oft nicht, ob die Übungen richtig ausgeführt werden, da man von außen nicht sehen kann, was im Inneren des Körpers passiert. Ein Physiotherapeut*in kann hier helfen.

Physiotherapie des Beckens

Menschen oft schwer, sich mit diesen Beschwerden an eine/n Expert*in zu wenden, weil sie sich schämen. Wenn die Menschen diese Scham überwinden und ihre Beschwerden besser in den Griff bekommen, bereuen sie oft, dass sie nicht früher zu einem Arzt gegangen sind. Beckenphysiotherapeuten sind in der sorgfältigen Untersuchung und Behandlung des Beckens und des Beckenbodenbereichs geschult. Auf diese Weise können Sie Ihre Beschwerden in den Griff bekommen.

Untersuchung durch Beckenphysiotherapeut*innen:

Ein/e Physiotherapeut*in mit Spezialisierung auf den Beckenboden kann die Beckenbodenmuskulatur durch eine innere Untersuchung durch die Scheide oder den Anus untersuchen, indem er/sie einen Finger einführt. Dies geschieht nur, wenn Sie Ihr Einverständnis gegeben haben. Dabei wird geprüft, ob sich die Muskeln richtig anspannen können, ob sie ausreichend schnell und stark sind und ob sie sich richtig entspannen können.

Interne Untersuchungen und Behandlungen erfolgen immer in Absprache!

Mit einem Ultraschall kann der Beckenphysiotherapeut die Bewegung der Blase über den Bauch untersuchen und die Bewegung der Beckenbodenmuskeln über die Außenseite des Beckenbodens beurteilen. Dies können Sie selbst beobachten und üben.

Mit einer Sonde kann die Aktivität der Beckenbodenmuskulatur gemessen werden (Biofeedback, Elektromyographie). Sie können dann auf einem Bildschirm sehen, wann Sie Ihre Beckenbodenmuskeln anspannen und entspannen.

Der Beckenbodenphysiotherapeut kann auch den Einfluss der Muskeln (Bauch, Gesäß, Hüfte) und Gelenke (Hüfte, Becken, unterer Rücken) rund um den Beckenboden untersuchen.*

Die Behandlung:

Sobald die Funktion des Beckenbodenmuskels festgestellt wurde, wird gemeinsam mit dem Patienten ein individuelles Übungsprogramm erstellt. Dieses kann Beratung, Bewegungstherapie, Blasentraining, Beckenbodengymnastik oder Beckenbodenmassage umfassen.

Durch aufmerksames Zuhören, Informationen und Erklärungen wird der Beckenbodenphysiotherapeut eine maßgeschneiderte Behandlung anbieten, bei der Sie gemeinsam an der Lösung Ihrer Beckenbodenbeschwerden arbeiten werden.

Die niederländische Stiftung „Sick & Sex Foundation“ stellt diesen Text zur Verfügung. Übersetzung im Auftrag des Büros für Frauengesundheit und Gesundheitsziele (MA 24), www.frauengesundheit.wien.at

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