„Trotz medizinischer Fortschritte ist die HIV-Diagnose für viele Menschen – auch aus dem Umfeld von Betroffenen – nach wie vor mit Angst und Stigmatisierung verbunden“
, erklärt Dr.in Mirijam Hall, Vorsitzende der Aids Hilfe Wien. „Immer wieder hören wir von Betroffenen, dass ihre HIV-Infektion von Ex-Partner*innen öffentlich gemacht werden soll oder, dass sie aufgrund der Nichtbekanntgabe der Infektion zur Anzeige gebracht werden. Hier hilft nur Aufklärung, um solche Ängste und ungerechtfertigte Verhaltensweisen zu verhindern.“
Ein besonders bedenklicher Punkt ist, dass Diskriminierungen auf Grund des HIV-Status auch im Gesundheitswesen weiterhin stattfinden. Laut Erhebungen der AIDS-Hilfen Österreichs betrafen rund 70% aller dokumentierten Vorfälle im Jahr 2024 das Gesundheitswesen, etwa durch die Verweigerung einer Behandlung oder abwertendes Verhalten von medizinischem Personal.
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass man seine HIV-Infektion bei einer medizinischen Behandlung oder im Beruf offenlegen muss. Tatsächlich ist HIV grundsätzlich nicht meldepflichtig – abgesehen von sehr wenigen Ausnahmen, beispielsweise zum Schutz der eigenen Gesundheit oder bei bestimmten Tätigkeiten wie der Aufnahme in den Polizeidienst. Dies scheint vielen Menschen und auch Fachkräften im Gesundheitswesen unbekannt zu sein. Es muss aufgeklärt werden: die Entscheidung, ob und wann man offenlegt, dass man mit HIV lebt, liegt allein bei der betroffenen Person. Dennoch führt gerade die freiwillige Offenlegung häufig zu Ablehnung und Diskriminierung – sei es im medizinischen Bereich oder am Arbeitsplatz. „Als Aids Hilfe arbeiten wir intensiv daran Stigmatisierung abzubauen. Angesichts der aktuellen Diskriminierungsstatistik bleibt jedoch besonders im Gesundheitswesen noch viel zu tun“, betont Vorsitzende Hall.
Diskriminierendes Verhalten passiert jedoch auch im persönlichen Umfeld: Im privaten Bereich kommt es häufig zu verstörenden Situationen für Betroffene. Trennt sich ein Paar, in dem ein*e Partner*in mit HIV lebt, berichten Betroffene von Fällen, in denen Drohungen ausgesprochen werden, den HIV-Status im Familien- und Freundeskreis – aber auch bei der/dem Arbeitgeber*in – gegen den Willen der betroffenen Person preiszugeben, obwohl der Status während der Beziehung keine Probleme verursachte. Vereinzelt kommt es sogar zu Strafanzeigen – was eine besonders große Belastung darstellt.
„Die Entkriminalisierung von Menschen mit HIV und die Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen an den medizinischen Fortschritt ist ein wichtiger Schritt, um vor weiteren Diskriminierungen zu schützen“, so Dr.in Hall. „Gerichte müssen den aktuellen Stand der Medizin in ihre Urteile einfließen lassen und eine einseitige Verantwortung für die Ansteckung bei Menschen mit HIV nicht länger aufrechterhalten.“
Ein wichtiger Teil der Aufklärung ist auch die Kampagne „Lust auf Reden“, die dazu aufruft, offen und ohne Angst über Themen wie sexuelle Gesundheit, HIV und die Rechte jedes Einzelnen zu sprechen. Die Kampagne setzt sich dafür ein, dass mehr Menschen verstehen, dass sexuelle Gesundheit ein grundlegendes Menschenrecht ist und dass Wissensmangel zu ungerechtem Verhalten führen kann. Durch offene Gespräche können wir Vorurteile abbauen und das Verständnis für die Rechte von Menschen mit HIV fördern.
„Aufklärung über HIV, Safer Sex und die Rechte von Menschen mit HIV ist der Schlüssel, um Vorurteile zu überwinden“, erklärt Mirijam Hall. „Denn nur durch den Dialog können wir zu einer Gesellschaft werden, die Menschen mit HIV respektiert und Diskriminierung verhindert.“
Juliana Metyko-Papousek, BA
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